Steigende Mieten und Preise sowie Wohnungsmangel sind die Stichworte, die seit langem den Wohnimmobilienmarkt beherrschen. Ein weiteres Feld ist die energetische Sanierung des Wohnungsbestands, die seit langer Zeit in der Diskussion ist, seit dem vergangenen Jahr aber für einigen Wirbel sorgt. Dieser Wirbel fällt zusammen mit einem deutlichen Rückgang im Wohnungsbau, bedingt durch höhere Finanzierungskosten, steigende Preise für Materialien und den Mangel an Fachkräften. In diesem herausfordernden Umfeld bietet die EXPO REAL die Möglichkeit für Austausch, Diskussion und Orientierung rund um das Thema Wohnimmobilien.
Die internationale Fachmesse für Immobilien und Investitionen bietet für alle, die beruflich mit dem Thema Wohnen befasst sind, eine Plattform, sich über Trends und Entwicklungen, Innovationen und Anforderungen zu informieren und mit anderen Experten auszutauschen.
Rund 50 Wohnungsunternehmen haben sich für die EXPO REAL 2023 angemeldet. Das Spektrum reichte von dem wohl größten privaten Wohnungsunternehmen in Deutschland, der Vonovia, über Wohnungsgesellschaften der öffentlichen Hand und großer Unternehmen wie beispielsweise der BASF bis hin zu gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften, man fand aber auch Anbieter für studentisches Wohnen, Micro Living, Co-Living und Serviced Apartments, komplett ausgestattete Wohnungen, die für unterschiedliche Zeiträume buchbar sind. Ebenfalls traff man Unternehmen, die sich nicht nur mit einzelnen Wohnungsprojekten und -objekten, sondern mit der Entwicklung von ganzen Quartieren befassen. Und nicht zuletzt eine Vielzahl von Kommunen, also diejenigen, die Bauland für Wohnzwecke ausweisen müssen. Lohnend war auch ein Blick auf jene Aussteller, die digitale Lösungen beim Planen und Bauen anbieten, und jene, die sich mit der Klimawirksamkeitsanalyse von Immobilien befassen.
Auch im Konferenzprogramm stand die Frage nach bezahlbarem Wohnen im Mittelpunkt. Das gilt nicht nur für Wohnraum generell, sondern auch für die Angebote für Senioren, deren Zahl kontinuierlich steigt. Sie sind die Gruppe, die den durchschnittlich höchsten Flächenverbrauch hat, jedoch oft, weil ein Umzug in eine kleinere Wohnung inzwischen oft teuer ist als eine große Wohnung, in der man schon seit Jahren und Jahrzehnten wohnt.
Eine Wohnimmobilie ist ein Gebäude mit Räumen, die in erster Linie dem Wohnen dienen. Wohnraum ist ein menschliches Grundbedürfnis und unterliegt als Privatsphäre zugleich einem besonderen Schutz.
Allerdings hat beim Stichwort Wohnimmobilien jeder ein etwas anderes Bild vor Augen. Eine Wohnimmobilie kann ein freistehendes Ein- oder Zweifamilienhaus mit Garten rundum sein, ein Reihenhaus oder ein Mehrfamilienhaus – letzteres ist überwiegend in Städten anzutreffen, wobei die einzelnen Wohnungen Mietwohnungen oder Eigentum der Nutzer sind. In Deutschland leben die meisten Menschen in solchen Mehrfamilienhäusern, nur ein Drittel der Bevölkerung in Einfamilienhäusern. Zu unterscheiden ist auch zwischen Wohneigentum und Mietwohnungen. Gut die Hälfte der Bevölkerung lebte 2021 in Deutschland zur Miete und die Forderung nach bezahlbarem Wohnen bezieht sich fast ausschließlich auf den Mietwohnungsmarkt.
Eine Sonderform des Wohnens sind Tiny Houses (winzige Häuser) mit einer Wohnfläche zwischen 15 und 45 Quadratmetern. Die Idee stammt ursprünglich aus den USA. In Deutschland werden Tiny Houses vor allem von Anhängern eines minimalistischen Wohnens genutzt, dienen aber oft auch als Gäste- und Wochenendhäuser oder als Studentenwohnungen.
Eine etwas andere Wohnform sind Mehrgenerationenhäuser, in denen Menschen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebenssituationen zwar ihre jeweils individuellen Wohnräume haben, aber gemeinschaftliche Räume als Treffpunkt auch gemeinsam genutzt werden.
Und nicht zuletzt gibt es das „betreute Wohnen“, wo man barrierefreien Wohnraum mieten kann und je nach Bedarf bestimmte Hilfs-, Service- und Pflegeleistungen buchen kann.
Bis 2022 kannte der Wohnimmobilienmarkt bei Preisen und Mieten nur eine Richtung: steigend. Vor allem bei Mietwohnungen in den Städten wurde das Angebot immer knapper, die Nachfrage jedoch stieg. So sind zwischen 2002 und 2022 beispielsweise in Berlin die Mieten um mehr als 150 % und in Stuttgart um 111 % gestiegen. Mögen bei Berlin noch der Status der Bundeshauptstadt und die zuvor eher niedrigen Mieten eine Rolle spielen, so war Wohnen in Stuttgart auch schon vor den enormen Steigerungen nicht gerade preiswert. Immer noch um die 70 % bewegen sich Hamburg, Köln und Dortmund, gefolgt von Leipzig (64 %), Essen (63 %), München (58 %) und Düsseldorf (53 %). Mit 45 % am geringsten fiel die Steigerungsrate in Frankfurt am Main aus.
Ursachen waren die zunehmende Urbanisierung – die Zahl der Menschen, die in Städten leben, stiegt von rund 70 % im Jahr 2000 auf über 77 % im vergangenen Jahr –, eine wachsende Bevölkerung – 2022 lebten rund 84 Millionen Menschen in Deutschland, rund 4 Millionen mehr als 2011 – sowie ein zunehmender Trend zu Singlehaushalten – in rund 41 % aller Haushalte lebt nur ein Mensch. Parallel zu dieser Entwicklung stieg die Zahl der neuen Wohnungen in den vergangenen 20 Jahren zwar kontinuierlich an, doch von dem von der Politik erklärten Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich, davon 100.000 Sozialwohnungen, war man auch 2022 – mit insgesamt 295.300 Wohnungen im Bau der bisherige Höhepunkt, davon rund 25.000 Sozialwohnungen – weit entfernt. Und spätestens seit dem vergangenen Jahr sind die Baugenehmigungen für Wohngebäude deutlich rückläufig (-28,4 % gegenüber dem Vorjahr). Damit ist in absehbarer Zeit nicht mit einer Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt zu rechnen, das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ wird weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Aber auch beim Erwerb von Wohneigentum haben sich die Bedingungen deutlich verschlechtert. Seit 2010 stiegen die Preise für Eigentumswohnungen steil an – von durchschnittlich 1.300 Euro auf 3.400 Euro pro Quadratmeter. Erst seit 2022 sinken die Preise und lagen im ersten Quartal 2023 um durchschnittlich um 6,8 % niedriger als im Vorjahreszeitraum. Das hängt in erster Linie mit der rückläufigen Nachfrage zusammen. Konnten potenzielle Eigentümer lange Zeit von niedrigen Hypothekenzinsen profitieren, stiegen diese seit 2022 von rund 1 % auf knapp 4 % an.
Seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts zog sich die öffentliche Hand zunehmend aus dem Wohnungsmarkt zurück und überließ das Feld weitgehend der Privatwirtschaft. Wohnungsgesellschaften der öffentlichen Hand wurden privatisiert, es entstanden rendite-orientierte private Wohnungsgesellschaften, internationale Investoren und Fondsgesellschaften drängten auf den Markt. Lagen entsprechende Investments in den Jahren 2015-2020 bei durchschnittlich 16,6 Milliarden Euro jährlich, so schoss das Transaktionsvolumen 2021 in die Höhe und erreichte den Rekordwert 49,1 Milliarden Euro. Daran hatte die Übernahme der Deutschen Wohnen durch die Vonovia einen Anteil vom 22,3 Milliarden Euro, doch auch diesen Deal herausgerechnet, blieb das Ergebnis überdurchschnittlich. Doch schon 2022 waren es lediglich 13,1 Milliarden Euro, und im ersten Halbjahr 2023 beliefen sich die Investments in Wohnimmobilien auf 2,63 Milliarden Euro und fielen damit um 63 % geringer aus als noch im Vorjahr. Hinter diesem Transaktionsvolumen stehen zwei Verkäufe der Vonovia – eine 30%ige Minderheitsbeteiligung am so genannten Südewo-Portfolio im Wert von rund 1 Milliarde Euro und der Verkauf von 1.350 Wohneinheiten in Frankfurt, Berlin und München an CBRE Investment Management für rund 560 Millionen Euro.
Dämpfend auf den Wohnungsbau, aber auch auf die Wohnungsmärkte wirken einerseits die steigenden Baukosten, hohe Grundstückspreise, der Mangel an Fachkräften und die höheren Finanzierungskosten, andererseits die Vielzahl der Vorschriften und Regulierungen, die das Bauen immer komplizierter und damit auch teurer machten. Eine Straffung und Vereinfachung dieses Regelwerks werden von allen, die sich mit Wohnimmobilien beschäftigen, seit Jahren angemahnt, insbesondere dann, wenn es um das bezahlbare Wohnen geht.
Hinzu kommt die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit auch und gerade bei Wohnungsgebäuden. Das ist bei Neubauten inzwischen kaum mehr ein Diskussionspunkt. Problematischer sieht es dagegen beim Wohnungsbestand aus. Hier liegt die Rate der energetischen Sanierung nach wie vor bei rund 1% jährlich – das entspricht etwa 500.000 Wohneinheiten –, müsste aber mindestens doppelt so hoch sein, um die Klimaziele – bis 2045 soll der Gebäudebestand klimaneutral sein – zu erreichen. Auch hier wirken gestiegene Material- und Finanzierungskosten sowie der Mangel an entsprechenden Handwerkern eher bremsend als fördernd. Andererseits wird der energetische Zustand der Wohngebäude künftig ein entscheidender Faktor bei Bewertung eines Wohnungsobjekts sein.
Eine Gratwanderung ist derzeit auch die Finanzierung eines Wohnbauvorhabens, sei es Neubau, sei es Sanierung. Für Projektentwickler ist eine entsprechende Baufinanzierung teurer geworden und die Frage ist, ob und wieweit er seine gestiegenen Kosten über den Preis oder die Miete wieder einspielen kann. Die Zeiten, in denen Käufer einer Wohnimmobilie Schlange standen, sind vorbei. Und die allgemeine politische und wirtschaftliche Verunsicherung sowie Inflation und steigende Zinsen lassen potenzielle Käufer eher zögerlich sein und/oder zumindest härter verhandeln. Und auch bei den Mieten ist der Spielraum begrenzt, die Kosten für Modernisierung und Sanierung umzulegen.
Eine Frage ist, wie sich die ESG-Anforderungen, die auch an Wohnungsunternehmen gestellt werden, auf den Markt auswirken werden. Vor allem das S (Social Responsibility) bedarf noch einer Konkretisierung, denn soziale Verantwortung kann sich nicht nur auf die eigenen Mitarbeiter beziehen, sondern auch auf die Mieter, die ebenfalls zu den Stakeholdern gehören, sowie auf das Gemeinwohl.
Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit wird man in Zukunft wohl anders bauen müssen als bisher. Ein Schlagwort lautet derzeit „serielles Bauen“. Dabei werden im Gegensatz zur Einzelbauweise Bau- und Raumteile nach Prototypen vorproduziert und auf der Baustelle zusammengesetzt. Serielles Bauen gab es schon immer, allerdings werden sich die Materialien verändern, da die bisherige Bauweise mit Stahlbeton nicht mehr wirklich rentabel und unter klimatischen Gesichtspunkten eher kritisch zu sehen ist. Diese Entwicklung lässt sich bereits seit längerem im Einfamilienhaussektor beobachten, greift aber zunehmend auch auf den Mehrfamilienhausbereich über. Doch dabei bleibt immer noch das Problem des fehlenden bzw. des gerade in Städten teuren Baugrunds.
Gegen den Flächenmangel wird häufig die Verdichtung ins Feld geführt. Ja, man kann manche Häuser aufstocken oder das Dachgeschoss ausbauen, um Wohnraum zu schaffen. Ob man allerdings jede Baulücke schließen muss, ist angesichts des Klimawandels und zunehmender Hitzeperioden eine andere Frage. Man braucht auch Flächen für mehr Grün und Wasser, um zu verhindern, dass sich die Stadt wie ein Backofen aufheizt.
Aber auch die Ansprüche an das Wohnen verändern sich. Damit ist nicht gemeint, dass wir pro Kopf immer mehr Wohnfläche nutzen – derzeit liegt der Flächenverbrauch bei knapp 48 Quadratmetern –, sondern auch, dass Wohnungen so gestaltet sind, dass sie flexibel entsprechend der Lebenssituation der jeweiligen Nutzer gestaltet werden können. An einem Beispiel verdeutlicht: Das Arbeiten im Home Office ist auf dem Vormarsch, doch dafür braucht man einen Arbeitsplatz in der Wohnung. Gleiches gilt für die Frage, ob eine Wohnung noch bewohnt werden kann, wenn sein Nutzer körperlichen Einschränkungen unterliegt. Wohnraum barrierefrei zu gestalten ist schon angesichts des demografischen Wandels zu einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft eine Notwendigkeit.
Zunehmen wird auch die digitale Steuerung der Haustechnik – das „smart home“. Das bedeutet nicht nur ein höheres Maß an Bequemlichkeit, sondern kann langfristig auch zu einem klugen Einsatz von Energie beitragen.